Schülerprojekt in Rexingen: Jugendliche beleuchten jüdische Familiengeschichte und fördern Erinnerungskultur

Ein Beitrag von Schülerinnen der Luise-Büchner-Schule zur lebendigen Erinnerungskultur.

Im Rahmen eines Podcast-Projekts zur Aufarbeitung jüdischer Familiengeschichte haben vier Schülerinnen der Luise-Büchner-Schule ein bewegendes Kapitel regionaler Vergangenheit in Horb-Rexingen aufgearbeitet. Ausgangspunkt war die Frage, wie Nachfahren jüdischer Familien – insbesondere in den USA – die Geschichte ihrer Vorfahren aus Rexingen bewahren und weitergeben. Durch enge Zusammenarbeit zwischen den Schülern, ihrer Geschichtslehrerin Lara Schmidt und dem Gedenkstättenverein der ehemaligen Synagoge in Horb-Rexingen entstand ein Projekt, das weit über schulische Recherchen hinausreicht.

Die Schülerinnen Leyla Pfost, Mia Schulzke, Sophia Moor und Marie Schmidt erhielten im Rahmen ihres Unterrichts in Geschichte und Gemeinschaftskunde die seltene Gelegenheit, mit Nachkommen der jüdischen Familie Pressburger in direkten Kontakt zu treten. Die Vorfahren der Familie stammen aus Pressburg, der Hauptstadt der Slowakei, dem heutigen Bratislava, von wo sie im 17. Jahrhundert über Wien und Fürth dann Ende des 18. Jahrhunderts sich in Rexingen niederließen. Während die meisten jüdischen Familien in Rexingen im Handel tätig waren, betrieb Familie Pressburger einen großen Bauernhof. Nach der Reichspogromnacht am 9. November 1939 verschärfte sich die Lage für die Familie, so dass die Eltern Adolf und Paula 1940 unter dem zunehmenden Druck des NS-Regimes in die Vereinigten Staaten fliehen musste. Die Kinder Ernst und Anne konnten erst im folgenden Jahr mit einem Kindertransport den Eltern in die USA folgen und sich damit vor der Deportation retten. Die Großmutter Pauline Pressburger und die Großeltern Hopfer wurden von Rexingen deportiert und starben im Konzentrationslager Treblinka und Auschwitz. Einige Stolpersteine erinnern an ihr Schicksal.

Im April 2025 machte sich die Tochter von Ernst, Patti Edelstein, geb. Pressburger, zusammen mit ihren beiden Söhnen auf die Suche nach den Wurzeln der Familie in Rexingen, um die Orte und Gräber ihrer Vorfahren zu besuchen. Zu sehen, wie der Verein die Erinnerung an die Familie ehrt und auch das Interesse der Schülerinnen an der Familiengeschichte berührte Familie Edelstein sehr. Besonders bewegend war das persönliche Treffen der vier Schülerinnen mit den Familienmitgliedern in der ehemaligen Synagoge Rexingens. In Gesprächen und Ortsbegehungen wurde deutlich, wie tief die emotionale Bindung an die Geschichte auch über Generationen hinweg weiterwirkt.

Die Schilderungen des damaligen Familienalltags, die Erlebnisse der Flucht und das Leben im Exil vermittelten den Schülerinnen einen unmittelbaren Zugang zur Geschichte. Besonders die Kindheitserinnerungen von Ernst Pressburger – etwa an Schlittenfahrten, jüdische Feiertage oder den Abschied vom Vater am Bahnhof – zeigten, dass Geschichte weit mehr ist als eine Abfolge von Daten. Sie ist geprägt von persönlichen Schicksalen, Mut, Verlust, aber auch Hoffnung und Neubeginn.

Der Träger- und Förderverein Ehemalige Synagoge Rexingen spielte bei der Vermittlung dieses Kontakts eine zentrale Rolle. Seit Jahren setzt sich der Verein für die Pflege und Vermittlung jüdischer Geschichte vor Ort ein und schafft Räume für Begegnung und Austausch. Ohne sein Engagement wäre ein Projekt dieser Tiefe kaum möglich gewesen. Der Verein zeigt beispielhaft, wie zivilgesellschaftliches Engagement dazu beitragen kann, historische Verantwortung mit Leben zu füllen.

„Geschichte ist nicht abstrakt – sie ist persönlich“, lautet das Fazit der Schülerinnen. Ihr Projekt hat nicht nur zur Aufarbeitung einer konkreten Familiengeschichte beigetragen, sondern auch einen wertvollen Beitrag zur Erinnerungsarbeit in der Region geleistet. Die Begegnung mit der Vergangenheit wurde zu einer Begegnung mit Menschen – über Zeit und Kontinente hinweg.